Neue Steuerung und Möglichkeiten für Windenergie und Freiflächen-Photovoltaik – Der Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsplans

16.06.2023

Mit dem am 02. Juni 2023 verabschiedeten Entwurf der Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) hat die NRW-Landesregierung sowohl für die Windenergie als auch die Freiflächen-Photovoltaik neue raumordnungsrechtliche Vorgaben auf den Weg gebracht.

Der Entwurf stellt dabei einen ersten Schritt zur Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben zur Ausweisung von Windenergiegebieten dar und ermöglicht darüber hinaus auch einen Zubau der Freiflächen-Photovoltaik in einer größeren Flächenkulisse. Dabei trägt der LEP-Entwurf dem Spannungsfeld zwischen dem überragenden öffentlichen Interesse am Ausbau der Erneuerbaren Energien und anderen Interessen und Belangen, wie Freiraum- und Naturschutz, Rechnung.  

 

Die bundesrechtliche Vorgabe der Ausweisung von 1,8 Prozent der Landesfläche für die Windenergie wird dabei unter Berücksichtigung der Potenzialstudie des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) auf die sechs nordrhein-westfälischen Planungsregionen verteilt (vgl. Ziel 10.2-2). Dabei weicht der LEP-Entwurf von einer potenzialorientierten Verteilung zugunsten einer „gerechten Verteilung“ der Ausbauziele ab und stellt die unterschiedlichen Windenergiepotenziale ebenso wie die unterschiedlichen Flächengrößen in den Planungsregionen mit ein. So formuliert der LEP-Entwurf für die regionalplanerische Festlegung der Windenergiebereiche den Grundsatz, die Belange der betroffenen Kommunen besonders in den Blick zu nehmen (vgl. Grundsatz 10.2-11). Konkret bedeutet das, dass nicht mehr als 15 Prozent der Fläche einer Kommune in die regionalplanerischen Windenergiebereiche mit einbezogen werden sollen. Dieser Grundsatz hindert Kommunen gleichzeitig nicht daran, selbstständig zusätzliche Flächen auszuweisen.  

 

Den Bedürfnissen der Kommunen wird auch an anderer Stelle Rechnung getragen: So wird einerseits klargestellt, dass Nadelwald und Kalamitätsflächen gleichermaßen für Windenergiebereiche in Betracht gezogen werden können (Ziel 10-2-6), aber ausgewiesene Waldbereiche in Gemeinden mit einem Waldanteil von unter 20 Prozent möglichst nicht als Windenergiebereiche festzulegen sind (Grundsatz 10.2-7). Ferner gibt der LEP-Entwurf der Regionalplanung auf, geeignete Windenergiestandorte und Windenergieplanungen der Kommunen zu berücksichtigen, wenn sie dauerhaft für die Windenergienutzung zur Verfügung stehen (Grundsatz 10.2-9). 

 

Um Natur- und Artenschutz angemessen miteinzubeziehen, wurde festgelegt, dass Bereiche für den Schutz der Natur für die Windenergienutzung herangezogen werden können, aber nur, wenn es sich bei diesen nicht auch um Natura-2000-Gebiete, Naturschutzgebiete, Nationale Naturmonumente oder Nationalparks handelt (Ziel 10-2-8.9). Die Herausnahme dieser Schutzgebietskategorien findet sich auch im Ziel zur Windenergienutzung in Waldbereichen. Der landesplanerische Hintergrund hierfür ist der Umstand, dass diese Schutzgebietskategorien nicht mit den „Go-To-Gebieten“ vereinbar sind, die einen verfahrensbeschleunigten Ausbau der Windenergie ermöglichen.  

 

Schließlich sieht der Entwurf für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der Regionalplanungen auch noch ein gesondertes Steuerungsinstrument vor (Ziel 10.2-13). Hierbei ist zwischen zwei Zeiträumen zu unterscheiden: Der erste Zeitraum gilt bis zum Beschluss der Plankonzepte der Regionalplanung. Hier soll der weitere Zubau in großen zusammenhängenden und für die Windenergie geeigneten Flächen (Kernpotenzialflächen) erfolgen, die durch einen Erlass der Landesplanung festgelegt werden. Der zweite Zeitraum beginnt ab diesem Zeitpunkt bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Regionalplanung. Während dieser Zeit soll der Ausbau auf den Flächen erfolgen, die in den Planentwürfen der Regionalplanung stehen. Sofern ein Ausbau in diesen zwei Zeiträumen an anderer Stelle geplant wird, bestehen in begründeten Einzelfällen die Möglichkeit der Plansicherung über § 12 Raumordnungsgesetz und § 36 Landesplanungsgesetz.  

 

Eine weitere wesentliche Änderung stellt die Erweiterung der Flächenkulisse für Freiflächen-Photovoltaikanlagen dar. Die raumbedeutsame Nutzung der Solarenergie wird dabei mit Ausnahme von Waldbereichen und Bereichen zum Schutz der Natur ermöglicht, solange dies mit der Schutz- und Nutzfunktion der jeweiligen Festlegungen im Regionalplan vereinbar ist (vgl. Ziel 10.2-5). Dieses Ziel nimmt dabei – im Gegensatz zum aktuellen LEP – keine Begrenzung der Freiflächen-Photovoltaik auf bestimmte Flächenkategorien vor. Vielmehr verweist der Entwurf an dieser Stelle auf das überragende öffentliche Interesse am Ausbau der Erneuerbaren Energien.   

 

Gleichwohl will der LEP die Freiflächen-Photovoltaik mit Blick auf die Nutzungskonflikte und den Flächenverbrauch auch steuern. So benennt der Entwurf bestimmte Flächenkategorien, die besonders geeignet sind; wie etwa Brachflächen, Deponien und Flächen in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten (Grundsatz 10.2-17). 

 

Darüber hinaus sollen Flächen entlang von Bundesfernstraßen, Landstraßen und überregionalen Schienenwegen bis zu einer Entfernung von 500 Metern genutzt werden können; entlang von allen anderen, dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Schienenwegen, dagegen bis zu einer Entfernung von 2.000 Metern zum Fahrbahnrand. Im Siedlungsraum soll der Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik arrondierend, den anderen gewerblichen und industriellen Nutzungen untergeordnet, erfolgen (Grundsatz 10.2-18). Abschließend legt das Ziel 10.2-15 fest, dass auf hochwertigen Böden (mit mehr als 55 Bodenpunkten) ausschließlich Agri-Photovoltaikanlagen geplant werden, also Anlagen, bei denen die landwirtschaftliche Nutzung und Stromproduktion auf derselben Fläche stattfinden.