Innovative Biogasanlage in Heek: Nachhaltige Energiegewinnung und regionale Wertschöpfung

26.11.2024

In Heek im Münsterland entsteht zurzeit eine gemeinschaftliche Biogasanlage, die ab dem Jahr 2025 Biomethan in das Gasnetz einspeisen soll. Der Zusammenschluss von 45 Landwirten in der Betreibergesellschaft Bioenergie Heek-Ahle GmbH & Co. KG setzt ein regionales Konzept der Verwertung von landwirtschaftlichen Reststoffen um, das als Blaupause für weitere Regionen dienen kann und von der FH Münster wissenschaftlich begleitet wird. NRW.Energy4Climate unterstützt beim Wissenstransfer.

Die Herbstlandschaft in Heek zeigt sich gerade von ihrer besten Seite – die Bäume zeigen alle Herbstfarben und Nebel liegt über den Feldern. Ein Musterbeispiel für die lebenswerte Region Münsterland. Was sie noch lebenswerter macht: Die Erneuerbaren Energien werden hier tatsächlich gelebt. In Heek entsteht zurzeit in Zusammenarbeit von 45 Landwirten eine Biogasanlage, die vollständig auf Reststoffe aus landwirtschaftlicher Produktion setzt. Dadurch werden neue Maßstäbe für Nachhaltigkeit und regionale Zusammenarbeit gesetzt.  

Viele der Landwirtschaftsbetriebe haben bereits PV-Anlagen und Windenergieanlagen in der Region errichtet. Durch den Bau der neuen Biogasanlage soll die regionale Wertschöpfung weiter gestärkt werden. Das heißt auch: Gülle landet nicht mehr auf den Feldern, sondern wird gesammelt und in die künftige Biogasanlage gebracht. Nach dem Vergären werden die Gärprodukte, die deutlich weniger Methan in die Atmosphäre entlassen als Gülle und zudem weniger riechen, als organischer Dünger zurück auf die Felder gebracht. Zum Vorteil für alle haben 45 Landwirtinnen und Landwirte die Bioenergie Heek-Ahle GmbH & Co. KG gegründet und mit dem Bau der Biogasanlage begonnen. Das produzierte Biogas wird weiter aufbereitet und als Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist.  

 

Geringere Investitionen für einzelne Betriebe 
Die Substratmenge um Heek ist erheblich. Deshalb sind zusätzliche Importe mit langen Anfahrtswegen auch nicht nötig. Die Substrate kommen im Durchschnitt aus einem Umkreis von fünf Kilometern. Vor allem der Wirtschaftsdünger Gülle wurde bislang in der Regel direkt auf die Felder gebracht. Eine Biogasanlage mit recht kapitalintensiver Biomethan-Aufbereitung rechnet sich für viele kleinere und mittlere Betriebe nicht.  

Um dennoch von der Aufbereitung von Gülle und Mist beziehungsweis des Biogases zu Biomethan zu profitieren, wurde eine Kooperation vereinbart, wodurch sich die Substrate effizienter nutzen lassen und die Investitionskosten für einzelne Landwirtinnen und Landwirte deutlich senken lassen. „Mit der Investition erhoffen sich die Landwirte, ihre Betriebe mit einem weiteren Standbein zukunftsfähig aufzustellen. Sie möchten auch dazu beitragen, unabhängiger von fossilen Rohstoffen zu werden und die Energiesicherheit zu erhöhen. Was das bedeutet, haben viele in den letzten Jahren schmerzlich erfahren müssen“, sagen die Geschäftsführer der Bioenergie Heek-Ahle GmbH & Co. KG, Christoph Venhues und Christoph Wischemann.  

 

Wissenschaftliche Unterstützung durch die FH Münster
Im Rahmen des Verbundprojekts „Bioenergie neu gedacht“, das durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird, begleitet die FH Münster die Planung, Umsetzung sowie den Betrieb der Biogasanlage über drei Jahre hinweg. Die Fachochschule hilft bei der Konzeption der Anlage und entwickelt unter anderem ein Logistikkonzept und ein Abrechnungsmodell. „Denn wir haben in der Vergangenheit feststellen müssen, dass insbesondere aufgrund fehlender Ansätze für eine faire und transparente Aufteilung der Erlöse Projekte zur gemeinschaftlichen Nutzung von Wirtschaftsdünger zum Erliegen kommen”, sagt Professor Elmar Brügging.

Neben der Bauphase unterstützt das Team um Brügging auch die Öffentlichkeitsarbeit, um die Bevölkerung über die Vorteile und Funktionsweise der Anlage zu informieren. Dabei unterstützt auch NRW.Energy4Climate das Vorhaben. „Als Landesgesellschaft geben wir vorbildlichen Projekten aus NRW eine Plattform, damit andere von ihnen lernen können. Eine Verwertung von Biogas wie in dieser Anlage hat gleich mehrere Vorteile: für die Anwohnerninnen und Anwohner durch weniger Geruchsbelastung, für die Region durch mehr lokale Wertschöpfung und für das Klima durch geringere CO2 Emissionen. Wir brauchen jeden erneuerbaren Energieträger, um klimaneutral zu werden.“

 

Akzeptanz der Bevölkerung
Die Initiatoren der Biogasanlage waren früh im Austausch mit der Gemeinde und den Menschen vor Ort. So wurden Fragen zur Geruchs- und Lärmbelastung durch Zulieferung und Abtransporte diskutiert und Anregungen aus den Diskussionen mitgenommen. Die Initiatoren haben Maßnahmen ergriffen, um diese für die Einwohnerinnen und Einwohner wichtigen Punkte in ihr Konzept einfließen zu lassen. Die Geruchbelastung wird nun durch die Lagerung der Inputstoffe in einer geschlossenen Halle minimiert. Zusätzlich wird eine hohe Summe in eine Abluftreinigungsanlage in der Lagerhalle investiert. Auch das Verkehrskonzept wurde so angelegt, dass die Transportwege reduziert werden. Die Bauarbeiten an der Anlage schreiten zügig voran: Das ebenfalls in Münsterland ansässige und weltweit agierende Unternehmen PlanET Biogas errichtete bereits vier große Fermenter sowie drei Gärproduktlager. Die Inbetriebnahme der Anlage ist für Anfang 2025 vorgesehen.

Erfolgsfaktoren: Gemeinschaft und regionale Vorteile
Die Idee einer gemeinschaftlichen Biogasanlage ist nicht neu. Das Modell hat sich bereits vor allem in Dänemark bewährt. Die Beteiligten der Biogasanlage in Heek sind von ihrem Konzept überzeugt. Eine starke Gemeinschaft aus Gesellschaftern, die gleichzeitig Lieferanten sind, kurze Distanzen, moderne Anlagentechnik und die wissenschaftliche Begleitung durch die FH Münster sind Faktoren, von denen sich die Landwirtinnen und Landwirte Erfolg versprechen.

Wichtig sind zudem Skaleneffekte der gemeinschaftlich betriebenen Anlage: Anstelle der Investition in viele kleine Anlagen kann so eine größere Anlage entstehen, die deutlich geringere spezifische Investitionskosten aufweist. Dies gilt für die Biogasanlage als auch für die Aufbereitungsanlage mit der anschließenden Einspeisung von Biomethan. Auch der Standort im Industriegebiet Heek-West ist optimal. Dieser befindet sich nur 50 Meter von einer Gasleitung der Thyssengas entfernt, wodurch die Einspeisung von Biomethan erleichtert wird.

Zuletzt muss auch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Behörden als ein Erfolgsfaktor benannt werden. „Häufig wird in Deutschland ja über die Behörden gemeckert – die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Heek, dem Kreis Borken und der Bezirksregierung Münster lief in unserem Fall im Großen und Ganzen jedoch sehr gut“, so die die Geschäftsführung der Anlage.

 

Fazit: Ein Modellprojekt für die Zukunft der Energie
Die Biogasanlage in Heek ist ein eindrucksvolles Beispiel für gemeinschaftliche Lösungen zur Energiewende und für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Wissenschaft und Behörden. Mit dieser Anlage zeigen die Beteiligten, wie regionale Energieprojekte nicht nur zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen, sondern auch eine verlässliche Einkommensquelle bieten können. Zudem findet die Methanemission nicht mehr auf dem Feld statt und Emissionen sowie der begleitende Geruch werden deutlich reduziert.

 

Weitere Details zu dem geförderten Projekt auf der Website der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.

Bereits vier große Fermenter sowie drei Gärproduktlager sind fertig, Anfang 2025 soll die Anlage in Betrieb gehen