Factsheet: Warum die Industrie entscheidend für die Klimawende ist

08.07.2021

Seit kurzem ist es amtlich: Deutschland erhöht seine Klimaschutzziele. Eine Novellierung des Klimaschutzgesetzes von 2013 passierte Ende Juni 2021 Bundestag und Bundesrat. Am 1. Juli ratifizierte auch NRW als erstes Bundesland eine entsprechende Verschärfung auf Landesebene. Doch Ziele allein bewirken noch keine Treibhausgasreduktion. Und für Industrieländer wie Nordrhein-Westfalen ist die Kraftanstrengung erheblich. Die folgenden Zahlen und Fakten geben Antworten auf einige der wichtigsten Fragen rund um das Thema Industrietransformation.

Welche Ziele wurden in der Novelle des Klimaschutzgesetzes im Sommer 2021 definiert?

Zu den wichtigsten Zielen gehört die Einsparung von CO2, um die globale Erwärmung – wie 2016 im Paris-Abkommen von 195 Ländern ratifiziert – auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Als Zielvorgaben gelten folgende CO2-Einsparungen (Quelle MWIDE):

  • Bis 2030 sollen die Treibhausgasemission um 65 Prozent  gegenüber 1990 gesenkt werden (vorher 55 Prozent).
  • Bis 2040 sollen 88 ProzentTreibhausgase gegenüber 1990 eingespart werden.
  • 2045 soll Klimaneutralität erreicht werden (vorher 2050), d. h. es muss ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre herrschen. Da ein Ausstoß klimaschädlicher Gase nicht überall gänzlich vermieden werden kann, müssen die Emissionen durch eine Kohlenstoffbindung in sogenannten Senken (Wäldern, Mooren etc.) ausgeglichen werden können.
  • Zur Einordnung: Bis 2018 haben die nordrhein-westfälischen Industrieunternehmen ihre CO2-Emissionen bereits um 42 Prozent im Vergleich zu 1990 senken können. (Quelle: LANUV)

 

Warum ist die Industrie entscheidend für die Klimawende?

  • Die Industrie ist der treibende Wirtschaftsmotor. Im Industrieland Nordrhein-Westfalen beschäftigen rund 10.000 Betriebe  1,3 Millionen Menschen, darunter rund 450.0000 in energieintensiven Branchen, und erwirtschaften zusammen 352 Milliarden Euro. (Quelle: IT.NRW)
  • Das bleibt nicht ohne Folgen: Nach dem Energiesektor ist die Industrie die zweitgrößte Treibhaugasverursacherin. In Nordrhein-Westfalen trägt sie einen Anteil von 21 Prozent an allen Treibhausgasemissionen. Für einen erheblichen Teil der klimaschädlichen Gase ist die energieintensive Grundstoffindustrie – Chemie, Glas, Papier, Stahl und Nichteisenmetalle sowie Steine und Erden– verantwortlich.
  • Gleichzeitig sind wir auf klimafreundliche Technologie- und Prozessinnovationen aus der Industrie angewiesen, um auch in anderen Bereichen, wie Verkehr, Energie und Bau den Klimaschutz voranzutreiben. Denn Branchen wie Stahlerzeugung, Grundstoffchemie, Aluminiumindustrie, Glas-, Papier- und Zementherstellung produzieren die Grundstoffe für Infrastrukturen, Gebäude, Maschinen und Konsumgüter.
     

Vor welchen Herausforderungen steht die Industrie beim Klimaschutz?

  • Für die Unternehmen ist die Transformation technologisch und ökonomisch ein Kraftakt. Die meisten von ihnen haben schon vor Jahren mit dem Umbau begonnen.
  • Angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels stehen sie vor der Herausforderung, schnellstmöglich neue Technologien einzusetzen, die teilweise noch keine Marktreife erlangt haben oder für die eine geeignete Infrastruktur fehlt.
  • Diese Transformation ist mit erheblichen Investitionen verbunden. Diese muss die Industrie stemmen, ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Denn eines ist klar: Industrieprodukte sind auch für die Klimawende unverzichtbar und eine Schwächung der deutschen Unternehmen könnte eine Abwanderung der Produktion in Länder zur Folge haben, in denen weitaus schlechtere Bedingungen für Mensch und Umwelt herrschen.

 

Welche Hilfestellung benötigt die Industrie bei der klimaneutralen Transformation?

  • Bei der Entwicklung neuer Technologien ist eine Unterstützung der Wissenschaft unabdingbar.
  • Aber auch die Politik ist gefordert, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten und die Entwicklung neue Technologien mit Fördermitteln zu unterstützen.
  • Schließlich braucht die Industrie Kooperation. Denn im Alleingang können die Unternehmen den klimaneutralen Umbau nicht bewerkstelligen. In Nordrhein-Westfalen bringt die Landesinitiative IN4climate.NRW Industrie, Wissenschaft und Politik an einen Tisch, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

 

Welche Technologien gibt es, um die Industrie klimaneutral umzubauen?

  • Neben erneuerbarem Strom spielt Wasserstoff (H2) eine Schlüsselrolle bei der CO2-freien Energietransformation. Die Herausforderungen liegen sowohl in der Errichtung von Produktionsanlagen als auch im Aufbau einer Transportinfrastruktur.
  • In vielen industriellen Prozessen werden auch in Zukunft Treibhausgasemissionen unvermeidlich bleiben. Mit Carbon-Capture-Verfahren wird das CO2 abgeschieden und im nächsten Schritt entweder gespeichert (Carbon Capture and Storage, kurz CCS) oder weiterverwendet (Carbon Capture and Utilization, kurz CCU).
  • Schließlich trägt auch die Abfallvermeidung zur Klimaneutralität bei. Die Industrie arbeitet an Konzepten einer Kreislaufwirtschaft (Circular Economy), bei denen Produkte am Ende ihres Produktlebenszyklus zu Ressourcen für eine Weiternutzung werden.